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Praxisbeispiel
Lokale Allianz Demenzstützpunkt Ammerland & Umgebung

Wie ein privater, gemeinnütziger Träger in seinem Landkreis ein Demenz-Netz und ehrenamtliche Strukturen aufbaut – in Kooperation mit Ärzten und der Nachbarstadt.

© Stefanie Wilczkowski

Interview und Text: Valeska Zepp | April 2025


„Dass Menschen mit Demenz möglichst lange in ihrer gewohnten Umgebung leben können, das ist unser Ziel“, sagt Stefanie Wilczkowski (ehemals Bließ). Sie koordiniert seit 2021 die Lokale Allianz Demenzstützpunkt Ammerland & Umgebung im Nordwesten von Niedersachsen direkt neben Oldenburg. Ihr Arbeitgeber ist die gemeinnützige Gesellschaft plexxon Management. Den Förderantrag für eine Lokale Allianz haben sie gestellt, als durch ihr Case Management Projekt RubiN auffiel, dass es in der Region für Menschen mit Demenz nicht genug Versorgungsstrukturen gab. RubiN untersuchte, was geriatrische Patientinnen und Patienten ab 70 Jahren an Hilfe benötigen, um gut zu Hause leben zu können.

Guter Start trotz Pandemie

Der Ursprung von plexxon ist eine Vereinigung ammerländer und ostfriesischer Ärzte. Die Vernetzung in der Region war dadurch bereits sehr gut. „Nur nicht explizit zum Thema Demenz“ sagt Stefanie Wilczkowski. Sie holte weitere Partnerinnen und Partner an Bord wie die Demenzbeauftragten aus den Krankenhäusern, die Pflege- und Seniorenstützpunkte und die beiden Beratungsstellen in Oldenburg. Das Netzwerk trifft sich viermal im Jahr. „Wir sind gewachsen und alle arbeiten sehr gut zusammen, das ist echt klasse“, sagt die Projektleiterin. Zu Beginn, mitten in der Corona-Pandemie, kamen zu den Netzwerktreffen manchmal nur sechs Leute. Heute sind es 20 bis 25.

Professionelle Netzwerkarbeit von Anfang an

„Treffen wollen sich immer viele, aber richtig in die Umsetzung kommen, das ist schon schwieriger“ sagt die Koordinatorin. Von Anfang an hat sie deshalb die Netzwerk-Treffen interaktiv gestaltet mit Gruppenarbeit und auch mal mit Hausaufgaben. Zur professionellen Netzwerkarbeit gehören für sie auch feste verbindliche Termine, und dass Einladungen und Protokolle an alle Interessierten gehen, egal ob sie zu den Treffen kommen oder nicht. So können sich alle auf Stand halten. Man müsse akzeptieren, dass nicht alle in Arbeitsgruppen oder bei Veranstaltungen mitmachen wollen, findet Wilczkowski. „Wir haben viel von der Netzwerkstelle gelernt. Ein Tipp war zum Beispiel, den persönlichen Nutzen zu kommunizieren. Also, dass es bei den Treffen auch lohnende Inputs gibt. Das habe sich herumgesprochen.

Ehrenamt aufgebaut und Vergiss-mein-nicht-Box konzipiert

In drei Jahren Netzwerkarbeit hat die Lokale Allianz im Landkreis Ammerland eine Struktur aufgebaut für die ehrenamtliche Begleitung von Menschen mit Demenz und deren Angehörige. „Wir mussten zum Glück das Rad nicht neu erfinden“, sagt Stefanie Wilczkowski. „Unsere Netzwerkpartnerin, die Demenzhilfe Oldenburg, hat jahrelange Erfahrung und übernahm die Ausbildung unserer Ehrenamtlichen.“ Die bekommen über die Pflegekassen sogar eine Aufwandsentschädigung bezahlt und durch die gute Vernetzung mit Ärzten sind bereits einige Begleitungen zustande gekommen.

Ärztinnen und Ärzte geben zudem die von der Lokalen Allianz konzipierte Vergiss-mein-nicht-Box an Betroffene. Sie enthält Infos, Unterstützungsmaterial und Kontakte. 1000 Boxen sind schon verteilt. „Wir sensibilisieren die Ärzte, früh auf Demenz zu testen. Wir wollen, dass Betroffene rechtzeitig über Hilfsstrukturen Bescheid wissen und nicht erst, wenn die Lage zu Hause eskaliert“, sagt Stefanie Wilczkowski. Die Box ist bewusst groß und sperrig konzipiert. So kann sie nicht, wie ein Flyer, einfach in der Handtasche verschwinden.

Eingliederungshilfe für Menschen mit Demenz

Die Arbeitsstrukturen beim gemeinnützigen privaten Träger empfindet Wilczkowski als agil. Man könne schnell reagieren und Neues ausprobieren. Eine Kollegin arbeitet beispielsweise neben dem Demenzstützpunkt auch in der ambulanten Eingliederungshilfe. Dabei fiel ihr auf, dass Menschen mit Demenz diese Sozialleistung meist nicht bekommen, obwohl sie darauf Anspruch haben. Vor allem jungen Demenz-Betroffenen könnte diese Sozialleistung mehr Teilhabe ermöglichen. Die Lokale Allianz Ammerland & Umgebung hat nun eine Arbeitsgruppe gebildet und macht Aufklärungsarbeit beim zuständigen Sozialamt.

Träger
plexxon Management gGmbH
Zum Orchideenkamp 1
26655 Westerstede
Telefon: 04488 520 8885
E-Mail: info@plexxon-management.de

Kontakt
Stefanie Wilczkowski (ehemals: Stefanie Bließ)
Telefon: 0151 64497519
E-Mail: wilczkowski@plexxon-management.de 
E-Mail: info@demenz-stuetzpunkt.de

Förderzeitraum Lokale Allianzen
2021-2023

Netzwerk
Mehr als 40 Netzwerkpartner, darunter zahlreiche Demenzbeauftragte aus Krankenhäusern und Kliniken, Pflege- und Seniorenstützpunkte, Selbsthilfegruppen und Gesprächskreise, Behindertenbeiräte sowie ambulante Servicedienste und Praxen.

© Demenzstützpunkt Ammerland & Umgebung
Startbesetzung aus dem Gründungsjahr des Netzwerks, 2021: Nicole Tesch (ehem. Fischer) und Stefanie Wilczkowski (ehem. Bließ)
© Stefanie Wilczkowski
Der Demenzstützpunkt berät Betroffene und deren Familien als fachliche Anlaufstelle – im Büro, in den Gemeinden vor Ort oder direkt in der Häuslichkeit.
© Stefanie Wilczkowski
Die Demenzbox enthält wichtige Informationen zu Demenz und eine Notfalldose. Entwickelt vom Demenzstützpunkt, wird die Box von Ärzten und Apotheken ausgegeben.
© Stefanie Wilczkowski
Das Netzwerktreffen des DemenzNetzes Ammerland & Umgebung findet viermal im Jahr statt. Das Netzwerk organisiert Veranstaltungen und Aufklärungskampagnen – und wächst stetig weiter.
© Nadine Schröder
Der Demenzstützpunkt schult Apothekenpersonal im Umgang mit demenziell erkrankten Menschen. Im Bild: Mitarbeitende und Inhaberin der Uhlen-Apotheke mit Nadine Schröder vom Demenzstützunkt (im Bild rechts).
© Arne Pöhnert
Im Rahmen des Case Managements führt der Demenzstützpunkt bei Hausbesuchen gezielte Assessments durch – auch zur Überprüfung der Ernährungssituation von Menschen mit Demenz.
© Lisa Cloppenburg
Der Demenzstützpunkt leistet wichtige Aufklärungsarbeit rund um das Thema Demenz – hier ein Vortrag von Nadine Schröder über Demenz und Schmerz.
© BAGSO
Am 26.11.21 wurde die Lokale Allianz „Demenzstützpunkt Ammerland & Umgebung“ im Rahmen eines interaktiven Online-Rundgangs auf dem 13. Deutschen Seniorentag vorgestellt – coronabedingt rein digital.

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