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Praxisbeispiel
Gemeinde Sandberg – Natur unvergesslich

Waldspaziergänge mit Beratung im Vorbeigehen

Eine Seniorengruppe steht auf einem Holzsteg und blickt in die Natur
© Martina Heinrich
Blick ins schwarze Moor

Jeden Käfer und jede Schnecke auf dem Waldweg sieht die Frau. Sie bleibt stehen und bestaunt lächelnd ihre Fundstücke. Der Ehemann beobachtet sie und freut sich über die Freude seiner Frau. Denn das erlebt er nicht oft, seit ihrer Demenz-Diagnose.

Das Ehepaar geht mit bei einem Waldspaziergang der Lokalen Allianz „Natur unvergesslich“ der Gemeine Sandberg in der Rhön. Es geht um das Naturerleben mit allen Sinnen. Kognitive Einschränkungen treten in den Hintergrund, gemeinsame positive Erfahrungen auf Augenhöhe sind möglich. Mit dabei im Wald sind Referentinnen und Referenten – zum Beispiel für historische Holzwerkzeuge, Kräuterkunde oder Naturkunst – Johanna Dietz als gerontopsychiatrische Fachkraft und Martina Heinrich. Heinrich ist die Projektleiterin von „Natur unvergesslich“. Seit mehr als 20 Jahren organisiert sie die Demenz-Selbsthilfe in der Region. Seit 2020 leitet sie das Projekt Lokale Allianz für Menschen mit Demenz im Auftrag der Gemeinde Sandberg und der Quartiersmanagerin Sabine Nasner.

Ein Fachartikel darüber, wie gut der Aufenthalt im Wald Menschen tut, hatte Sabine Nasner auf die Idee gebracht Waldspaziergänge in der Umgebung anzubieten für Menschen mit und ohne Demenz. Mit Martina Heinrich holte sie sich eine Expertin und sehr gut vernetzte Partnerin hinzu. Mit der Förderung entwickelten sie gemeinsam das Konzept für „Natur unvergesslich“.

Die Lokale Allianz der Gemeinde Sandberg bietet nun regelmäßig Waldspaziergänge an. Mal geht ein Förster mit, mal ein Künstler-Paar, mal eine Kräuterkundige – jede und jeder vermittelt eine eigene Sicht auf die Natur. Im Mittelpunkt stehen bei den Spaziergängen Betrachtung und sinnliche Erfahrung: Welche Farbe hat eine Blüte, wie fühlt sich ein Stück Holz oder ein Blatt an, wie schmeckt ein Wildkraut? Wer will, kann in Büchern nachblättern und mehr lernen. Im eigenen Maß und selbstbestimmt.

Die Spaziergänge wirken auch gegen Isolation und Einsamkeit. Pflegende Angehörige treffen ganz unkompliziert andere Menschen und haben Gelegenheit sich zu unterhalten. Und sie können drängende Fragen stellen: zur Pflegeversicherung, Hilfsangeboten und Alltagssorgen. Beratung im Vorbeigehen nennt Martina Heinrich das. „Bei uns auf dem Land ist Demenz noch ein Tabu-Thema. Viele fühlen sich stigmatisiert und wollen nicht, dass an die Öffentlichkeit kommt, dass der Partner oder die Mutter eine Demenz-Diagnose hat. Aber bei einem Natur-Spaziergang, lässt es sich ganz nebenher besprechen.“

Neben den Waldspaziergängen sorgt die lokale Allianz „Natur unvergesslich“ auch dafür, die bereits vorhandenen Angebote für Menschen mit Demenz zu bündeln. Sie macht Öffentlichkeitsarbeit und organisiert Veranstaltungen, beispielsweise für die Bayerische Demenzwoche. Und sie probiert Kooperationen aus. Im Hospiz-Verein zeigt Martina Heinrich angehenden Hospiz-Begleitenden, wie man die Natur auch ans Pflegebett bringen kann. Mit einem Waldkindergarten organisiert sie Natur-Rallyes, bei denen Menschen mit Demenz und Kinder in Tandems unterwegs sind.

Im Wald lässt sich auch sehr gut Biografie-Arbeit machen, findet Martina Heinrich: „Früher waren die meisten Menschen in der Rhön in Land- und Forstwirtschaft beschäftigt. Sie haben mit und vom Wald gelebt. Da gibt es oft schöne persönliche Anknüpfungspunkte. Vor allem Menschen mit Demenz kommen dann noch mal in ganz andere Gespräche und Gedanken.“

Träger
Gemeinde Sandberg
Schulstraße 6
97657 Sandberg

Kontakt
Gemeinde Sandberg
Sabine Nasner
E-Mail: sabine.nasner@sandberg-rhoen.de
www.sandberg-rhoen.de

Lokale Allianz, Natur unvergesslich
Martina Heinrich
Telefon: 0151 44282280
E-Mail: natur-unvergesslich@sandberg-rhoen.de
www.natur-unvergesslich.de

Förderzeitraum Lokale Allianzen
2020-2023

Netzwerk

  • Johanna Dietz, Fachstelle für pflegende Angehörige im Caritas Kreisverband Rhön-Grabfeld
  • Förster Michael Heinrich Forstdienststelle Bischofsheim
  • Waldkindergarten Räubernest Hohenroth, Leitung Lukas Seufert
  • Pflegestützpunkt im Landratsamt Bad Neustadt Saale, Leitung Sabine Wenzel-Geyer
  • Diverse Referentinnen und Referenten, abhängig vom Thema des Spaziergangs
Eine Seniorengruppe steht auf einem Holzsteg und blickt in die Natur
© Martina Heinrich
Blick ins schwarze Moor
Drei Frauen machen Rast auf einer Bank im Grünen und zwei Frauen stehen davor
© Martina Heinrich
Ab und zu braucht es eine kurze Rast beim Spaziergang
Auf dem Waldboden steht ein brauner Korb, der mit Kräutern gefüllt ist
© Martina Heinrich
Kräuterkorb mit Schätzen vom Wegesrand
Bildausschnitt aus dem Kunstgarten mit Steinen und Sitzgelegenheiten
© Martina Heinrich
Eine Station des Spaziergangs durch einen Garten, der vom Markusevangelium inspiriert ist
Zwei Frauen stehen vor drei großen Gemälden im Freien. Eine von ihnen hält einen Vortrag.
© Martina Heinrich
Geistlicher Impuls im Markusgarten
Zwei Seniorinnen im Wald. Sie rechen das Laub zusammen
© Martina Heinrich
Gemeinsam beim Streurechen – Waldarbeit wie sie früher war
Mehrere Stücke Brot mit Wildkräuterbutter liegen auf einem rot-weiß kariertem Picknicktuch
© Martina Heinrich
Verkostung frischer Wildkräuterbutterbrote
Seniorinnen gehen über einen Barfußpfad
© Martina Heinrich
Man kann auch "mit den Füßen sehen" beim Gang über den Barfußpfad
Eine Seniorengruppe macht auf einem Parkplatz Gymnastik
© Johanna Dietz
Atemübung am Beginn eines Spaziergangs
Eine Seniorengruppe bildet einen Kreis auf einem Parkplatz
© Johanna Dietz
Begrüßungsrunde mit Bürgerbus im Hintergrund
Zwei Seniorinnen Arm in Arm auf einen Feldweg
© Martina Heinrich
Hand in Hand im Land der offenen Fernen
Eine Seniorengruppe steht in einem mit Laub bedeckten Wald neben einem mit rot-weißen Weihnachtskugeln geschmückten Tannenbaum
© Martina Heinrich
Dezemberspaziergang mit Christbaum