Zum Hauptinhalt

Praxisbeispiel
Kulturelle Teilhabe für Menschen mit Demenz in Hamburg-Eppendorf

Wie das Quartiersnetzwerk martini·erleben die Nachbarschaft für Demenz sensibilisiert

© Susanne Holert-Retzlaff

Interview und Text: Mirjam Ratmann | Oktober 2025


Von den rund 25.000 Menschen, die im Hamburger Stadtteil Eppendorf wohnen, sind 18,8 Prozent 65 oder älter. Sie sind also genau in der Altersgruppe, in der das Demenzrisiko am höchsten ist. An diese Menschen und ihre Angehörigen, besonders an die, die rund um die Martinistraße leben, richtet sich die Lokale Allianz des Quartiersnetzwerks martini·erleben vom Verein Eppendorfer Soziokultur.

Mehr kulturelle Teilhabe und Sensibilisierung

Die Koordinatorin Susanne Holert-Retzlaff möchte Demenz aus ihrem, wie sie es nennt, „Schattendasein“ herausholen. „Demenz betrifft uns zwangsläufig alle irgendwann im Leben, aber ich habe den Eindruck, dass das versteckt wird.“

Das Netzwerk wolle daher deutlich machen, dass auch trotz Demenz ein lebenswertes Leben in Eppendorf möglich sei. Gleichzeitig will es in der Nachbarschaft mehr Aufmerksamkeit für das Thema Demenz und für die Betroffenen schaffen. Der Schwerpunkt: Kulturelle Teilhabe und Sensibilisierung. Um das zu erreichen, gab es bereits speziell zugeschnittene Lesungen, Konzerte und Besuche von Kunstausstellungen. Seit kurzem veranstaltet das Netzwerk zusammen mit Vorschulkindern eine gemeinsame Singstunde am Vormittag. 

Belange von Betroffenen stärken und Angehörige entlasten

„Die Idee ist, auch Angehörige oder Freunde von Menschen mit Demenz anzusprechen und ihnen etwas zu bieten, was sie mit der betroffenen Person unternehmen können,“ sagt Holert-Retzlaff. Oftmals würde unterschätzt, welche Belastung Demenz für das nähere Umfeld darstelle. „Wir möchten diesen Menschen zeigen, dass es Entlastungsangebote gibt und man sich nicht schämen muss, wenn man diese in Anspruch nimmt.“

Dafür hat das Netzwerk ein Infoheft, einen „Wegweiser“, herausgebracht, der nicht nur über Betreuungsangebote in Eppendorf informiert, sondern zusätzlich über rechtliche und finanzielle Themen aufklärt. „Der größte Erfolg wäre, wenn durch uns die öffentliche Wahrnehmung der Angebote im Stadtteil weiter steigt“, sagt Holert-Retzlaff.

Dass die Zusammenarbeit mit den 15 Netzwerkpartnern so gut funktioniert, liegt wohl daran, dass das Netzwerk bereits seit 2006 besteht. Seitdem setzt es sich für die Belange und Teilhabe älterer Bewohnerinnen und Bewohner in Eppendorf ein, organisiert beispielsweise Rikscha-Fahrten und ein Fitness-Programm. Holert-Retzlaff, die seit drei Jahren für das Quartiersnetzwerk arbeitet, bezeichnet sich selbst als die „Netzwerkerin“ des Ganzen.

Finanzielle Zukunft offen

Die Idee, sich im Quartiersnetzwerk mehr auf Demenz zu fokussieren, kam vom Netzwerkpartner "HAMBURGISCHE BRÜCKE – Gesellschaft für private Sozialarbeit e.V.“ Drei- bis viermal im Jahr treffen sich die Netzwerkpartner seitdem, um Projekte mit Demenz-Bezug zu besprechen. „Es ist wichtig, immer am Ball zu bleiben, sonst schlafen Sachen relativ schnell ein“, sagt Holert-Retzlaff.

Noch bis 2026 wird das Netzwerk als Lokale Allianz vom Bundesseniorenministerium gefördert. Wie es danach weitergeht: unklar. Holert-Retzlaff bezeichnet die Frage der Finanzierung als die größte Herausforderung für das Netzwerk und sagt: „Mit 10.000 Euro kann man nur begrenzt etwas bewegen.“ Um auch nach Ablauf des Förderungszeitraumes Angebote für Menschen mit Demenz in Eppendorf machen zu können, trete man daher schon jetzt mit Stiftungen und anderen Geldgebern in Kontakt.

Wer ein Netzwerk gründen möchte, dem rät Holert-Retzlaff, offen für Neues zu sein und den Mut zu haben, mögliche Partner einfach anzusprechen. Denn oft liege viel Potenzial „direkt vor der Haustür.“

Träger
Eppendorfer Soziokultur e.V.
Quartiersnetzwerk martini·erleben
Martinistr. 44a
20251 Hamburg

Kontakt
Susanne Holert-Retzlaff
Telefon: 040 780 50 40 40
E-Mail: info@martinierleben.de

Förderzeitraum Lokale Allianzen
2024-2026

Gründungsjahr des Netzwerkes
2006

Netzwerk

  • Bethanien Höfe Eppendorf
  • Deutsches Rotes Kreuz, Kreisverband Hamburg-Eimsbüttel e.V.
  • Deutsches Sozialwerk (DSW) e.V., Hamburg
  • „ELIM Wohnen am Eppendorfer Park“ / ELIM Diakonie GmbH
  • Evangelisch-methodistische Kirche / Gemeinde Hamburg Bethanien
  • Hamburgische Brücke - Gesellschaft für private Sozialarbeit e.V. / Sozialstation Eppendorf / Eppe & Flut
  • Interessierte und betroffene Privatpersonen
  • Kunstklinik Eppendorf
  • Landesinitiative Leben mit Demenz in Eppendorf
  • Leben im Alter / Begegnungsstätte St. Martinus
  • Pflegestützpunkt Hamburg-Nord
  • Seniorenzentrum St. Markus / Martha Stiftung
  • Stiftung Anscharhöhe Eppendorf
  • Wohn-Pflege-Gemeinschaft Martinistraße