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Praxisbeispiel | Kunst und Kultur
Speyer – Netzwerk „Kultur und Demenz“

Abenteuer Kultur wagen: Menschen mit Demenz erleben Kunst und Musik

„Das werde ich nie vergessen“, sagte die ältere Dame mit Demenz und drückte Ria Krampitz, der Seniorenbeauftragten von Speyer, fest die Hand. Gemeinsam mit anderen Frauen und Männern mit Demenz und in Begleitung von Ria Krampitz hatte sich die Seniorin im Kloster Institut Sankt Magdalena die Krippenausstellung angeschaut, Weihnachtslieder gesungen und Gedichte gehört. „Hier komme ich wieder her!“ betonte die Frau.

An diese Begegnung erinnert sich Ria Krampitz sehr gern. „Das sind bewegende Momente“, sagt sie. „Sie machen deutlich: Kultur ist so wichtig für Menschen mit Demenz. Es ist ein Stück Lebensqualität – die Menschen haben eine schöne Zeit.“

Menschen mit Demenz sollen gemeinsam mit ihren Angehörigen Kunst und Kultur entdecken und erleben – dafür setzt sich das Netzwerk „Kultur und Demenz“ mit dem Angebot „Abenteuer Kultur wagen“ ein. Die Mitglieder organisieren gemeinsam mit Ria Krampitz Besuche im Kunstverein, im Institut Sankt Dominikus oder im Purrmann-Haus, das das Werk des Künstlerehepaares Purrmann/Vollmoeller-Purrmann präsentiert. Sie schauen sich mit Menschen mit Demenz Ausstellungen im Historischen Museum an, beispielsweise über das Leben von Marilyn Monroe, veranstalten Märchen-Lesungen in der Stadtbibliothek, Konzerte im Historischen Ratssaal und Gottesdienste.

Das Netzwerk „Kultur und Demenz“ ist Teil des Netzwerks Demenz in Speyer, das 2007 gegründet wurde. Die am Netzwerk beteiligten Einrichtungen organisieren Informationsveranstaltungen, Aktions- und Fachtage. Auch der Wegweiser Demenz wird über das Netzwerk herausgebracht. Der Wegweiser beschreibt, wie Betroffene mit der Krankheit umgehen können und nennt Adressen von Beratungsstellen und Unterstützungsangeboten. Es gibt ihn auch in türkischer Sprache.

2014 bis 2016 erhielt das Netzwerk Demenz als Lokale Allianz Fördergelder im Rahmen des Bundesmodellprogramms „Lokale Allianzen für Menschen mit Demenz“. Mit Hilfe dieser Gelder konnte ein kostenfreies Fortbildungsangebot aufgebaut werden. Zielgruppe der Fortbildungen waren Interessierte, die Kulturveranstaltungen für Menschen mit Demenz organisieren, und auch Angehörige und Pflegekräfte, die Betroffene zu diesen Veranstaltungen begleiten.  

Nach Beendigung des Bundesmodellprogramms gründeten die Seniorenbeauftragte Ria Krampitz und weitere Aktive das Netzwerk „Kultur und Demenz“. Neben der Organisation von Kulturangeboten hat das Netzwerk sein Fortbildungsangebot weiter ausgebaut und neue Partner, beispielsweise die Kirchen, dazu gewonnen. Finanziert wird „Abenteuer Kultur wagen“ durch die Stadt Speyer und Spenden aus der lokalen Wirtschaft und Privatpersonen.

Die Veranstaltungen bestehen meistens aus drei Teilen: Empfangen werden, gemeinsam Kultur entdecken und zusammen kreativ sein – basteln, malen oder singen. Der erste Schritt sei sehr wichtig, so Ria Krampitz: „Menschen mit Demenz spüren, wenn sie herzlich willkommen sind.“ Alle Gäste werden mit Namen begrüßt, es gibt Getränke und Knabbereien. „Im zweiten Teil geht es darum, auf jede und jeden einzugehen und zu würdigen, was zu den Bildern, zur Musik und zu den Geschichten gesagt wird. Da kommen oft Erinnerungen hoch, bei denen selbst Angehörige sagen: Das wussten wir gar nicht.“ Das Kreativ-Sein wiederum wecke bei vielen Teilnehmenden Fähigkeiten und Talente, die tief versteckt gewesen seien, schildert Krampitz. „Es ist unsere gesellschaftliche Aufgabe, für Erlebnisse zu sorgen, bei denen sich Menschen mit Demenz wiederfinden, wenigstens für kurze Zeit. Auch wenn sie das Erlebte vergessen – sie nehmen ein Gefühl mit.“

Kultur erleben in Zeiten von Corona – Anregung

Wegen der Pandemie finden zurzeit keine Veranstaltungen statt. Die Aktiven haben sich aber eine Alternative ausgedacht: Sie haben für Angehörige und Mitarbeitende der stationären Pflege Gestaltungsvorschläge für Aktionen entwickelt, die sich zuhause umsetzen lassen. Solange Veranstaltungen vor Ort nicht möglich sind, will das Netzwerk „Kultur und Demenz“ weitere Vorschläge entwickeln und verteilen.

Impuls aus der Advents- und Weihnachtszeit 2020
Anleitung | PDF
Bilder und Texte | PDF

Träger
Seniorenbüro der Stadt Speyer
Maulbronner Hof 1a
67346 Speyer

Kontakt
Constanze Konder (Nachfolgerin von Ria Krampitz)
Telefon: 06232 14 2662
E-Mail: constanze.konder@stadt-speyer.de

Förderzeitraum Lokale Allianzen
2014-2016

Netzwerk

  • Seniorenbüro der Stadt Speyer
  • Purrmann-Haus
  • Stadtbibliothek
  • Städtische Musikschule
  • Institut Sankt Dominikus
  • Kunstverein Speyer
  • Historisches Museum der Pfalz
  • Evangelische Landeskirche der Pfalz
  • Dom und Bistum Speyer
  • AWO-Seniorenhaus Burgfeld
  • Caritas-Altenzentrum Sankt Martha
  • Diakonissen-Haus am Germansberg
  • Eva-Maria Urban, Historikerin (Ehrenamtliche)
Mehrere Personen betrachten eine Weihnachtskrippe
© Seniorenbüro Speyer
Gemeinsam mit Eva-Maria Urban, Historikerin und ehrenamtliche Mitarbeiterin im Netzwerk „Kultur und Demenz“, betrachten die Gäste die Weihnachtskrippe im Institut Sankt Dominikus | © Seniorenbüro Speyer
Eine Frau zeigt zwei älteren Damen ein Kunstwerk
© Seniorenbüro Speyer
Kunsthistorikerin Maria Leitmeyer begleitet Menschen mit Demenz durch die Ausstellungen im Purrmann-Haus | © Seniorenbüro Speyer